Zielfahndung

Zielfahndung ist die planmäßige, aktive Suche der Strafverfolgungs-behörden nach ausgewählten Straftätern, die besonders gefährlich sind oder wegen besonders schwerer Gewalt- oder Wirtschaftsdelikte ausgeschrieben sind.

PRESSE-Allgemein

Sonntag, 21. März 2010

Interview mit Ex-Zielfahnder Hofmann

Joschkas Jäger

Von Markus Deggerich für den Spiegel 23.01. 2001

Er demonstrierte gegen den Staat. Dann war er Zielfahnder beim BKA. Im Visier: Der Terrorist Hans-Joachim Klein, und damit Joschka Fischer. Heute sitzt Frank Hofmann im Bundestag. Ein Interview über '68, Fischer und eine hysterische Gesellschaft.


Joschka Fischer im Straßenkampf


SPIEGEL ONLINE:
Als Student demonstrierten sie mit den 68ern auf der Straße. Später waren Sie beim Bundeskriminalamt als Zielfahnder in der Terrorismusbekämpfung. Wollen Sie noch Außenminister werden?

Hofmann: Danke, ich bin ausgelastet. Ich hatte damals aber keine Pflastersteine gesammelt und...

SPIEGEL ONLINE: ...danach haben wir gar nicht gefragt. Warum muss man sich heute sofort rechtfertigen, wenn es um 68 geht?

Hofmann: Weil heute versucht wird, die Geschichte umzuschreiben. Das ist wie eine nachträgliche öffentliche Gerichtsverhandlung über eine ganze Generation.

SPIEGEL ONLINE: Wie haben Sie es denn damals empfunden?

Hofmann: Ich komme aus einem Dorf mit 450 Einwohnern. Ich kann mich gut an die Stammtischgespräche erinnern. Diese Jagd auf Linke fanden die prima, das war Wild West. Das hat mir etwas von Deutschland gezeigt, wie man es sich nicht wünscht. Eine überhitzte Situation, die einen in Solidarität trieb mit Ideen, über die man gar nicht nachdachte.

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie Marx etwa nicht gelesen?


DPA
Frank Hofmann: 68 ist nur im Kontext zu verstehen
Hofmann: Um Gottes willen, nein. Ich betrachtete das als Student eher distanziert aus soziologischer Perspektive.
"Elektrisiert und hysterisch"

SPIEGEL ONLINE: Und später als Polizist?

Hofmann: Als ich beim BKA anfing, überprüfte ich als erstes in der Kartei, ob dort Informationen über unsere Wohngemeinschaft archiviert waren. Unser Haus war tatsächlich als verdächtiges Objekt erfasst. Wir waren nur absolut harmlose Studenten, die mit auf Demonstrationen gingen, aber mit Gewalt nichts zu tun hatten. Alle sind in bürgerlichen Berufen gelandet. Aber wir waren erfasst. Da wurde mir klar, wie elektrisiert, hysterisch und politisiert die Gesellschaft damals war. Auf beiden Seiten.

SPIEGEL ONLINE: Sie kennen beide Seiten. Was dachte man übereinander?

Hofmann: Du hast keinen Menschen, kein Individuum mehr gesehen. Für Demonstranten waren die Männer hinter den Schutzschildern das System an sich. Polizisten wurden darauf gedrillt, das staatliche Gewaltmonopol vor der "Gefahr von Links" zu schützen.

"Das war entwürdigend"

SPIEGEL ONLINE: Wie unterscheiden sich die Erfahrungen als Demonstrant und als Polizist?

Hofmann: Als Demonstrant war es mir unheimlich, fotografiert zu werden. Du wusstest nicht, was mit den Bildern gemacht wird, wofür sie verwendet werden. Du lebtest in dem Bewusstsein eines Überwachungsstaats, der in deine Privatsphäre eindringt. Als ich später als Polizist ein verdächtiges RAF-Mitglied dem Richter vorführte, spuckte er mir ins Gesicht. Der hat in mir keinen Menschen mehr gesehen. Das war entwürdigend.

SPIEGEL ONLINE: Wie äußerte sich diese Elektrisierung der Gesellschaft?

Hofmann: Wenn du unter Studenten wahrgenommen werden wolltest, musstest du dabei sein. Jenseits aller politischen Ernsthaftigkeit, der Auseinandersetzung mit Nazi-Vätern und einer Gesellschaft im Stillstand, war es auch eine Modeerscheinung. Links war hip. Auf Seiten der Polizei verrutschten die Maßstäbe. Nach der Ermordung Schleyers gab es die Anweisung an alle BKA-Beamte, jederzeit bewaffnet zu sein. Sie müssen sich 2000 Beamte in einer Behörde vorstellen, nicht im Außendienst, sondern pendelnd zwischen Büro und Kantine: Jeder bewaffnet. Das veränderte auch die Atmosphäre und wirkte auf Menschen militärisch.

"Das war damals Neuland"

SPIEGEL ONLINE: Studenten entdeckten die Straße als Bühne und besetzten Häuser. Auf der anderen Seite gab es eine massive Polizeipräsenz im Alltag. Wie beeindruckte beides den normalen Bürger?


REUTERS
Joschka Fischer muss sich vor dem Bundestag rechtfertigen
Hofmann: Es war unorganisiert und man konnte die Folgen nicht abschätzen. Was wir heute als selbstverständlich empfinden - eine Demo auf der Straße - war damals Neuland. Die Straße war im allgemeinen Bewusstsein dem Verkehr vorbehalten, nicht für Demos und Versammlungsfreiheit. Polizei und Demonstranten mussten erst noch lernen, damit umzugehen. Der Begriff der Deeskalation spielte erst in den achtziger Jahren eine Rolle. Weder Demonstranten noch Polizisten waren sich im Klaren, dass sie Ängste auslösten. Wenn Polizisten Häuser durchsuchten, waren die Bewohner für ihre Nachbarn etikettiert, stigmatisiert, kriminalisiert. Das ist heute eine Selbstverständlichkeit: Die Erkenntnis, dass die Atmosphäre in einer Gesellschaft Rückwirkungen auf die Persönlichkeit der Agierenden hat.
SPIEGEL ONLINE: Warum müssen Fischer und Trittin sich so rechtfertigen?

Hofmann: Weil Einzelereignisse aus dem Kontext gelöst werden. Aber ohne den Kontext sind sie gar nicht zu verstehen. Sie werden bewertet nach Maßstäben und mit dem Wissen von heute. Das ist völlig unzulässig. Nähme man heute ein einzelnes Foto von einem Polizisten, der damals auf einen Demonstranten einprügelte, wäre das genauso unzulässig als Beleg für die Agression des Staates.

SPIEGEL ONLINE:
Wie erklären Sie sich die plötzlich so breite und aufgeregte Debatte?

Hofmann: Der Mythos 68 spukt in vielen Köpfen herum, und diese Diskussion um Fischer und Trittin ist eine Stellvertreter-Diskussion über die Geschichte und ihre Deutung. Das liegt auch daran, dass viele Angehörige dieser Generation heute in Entscheider-Positionen sind, die solche Diskussionen steuern: Medien, Schulen und Hochschulen, Politik. Fischer ist damit Stellvertreter für viele, eine Projektionsfläche.

Genervt vom Mythos 68

SPIEGEL ONLINE: Aber die Diskussion trägt nicht zur Klärung bei. Viele Nachgeborene kriegen das große Gähnen oder sind genervt vom Mythos 68 und seinen Repräsentanten.

Hofmann: Das liegt an der politischen Instrumentalisierung der Diskussion. So wie sie geführt wird, klärt und erklärt sie gar nichts. Man kann nicht anhand eines Fotos darstellen, wie sich damals Aggression von beiden Seiten hochschaukelte. Fotos von besetzen Häusern erzählen auch noch nicht die Geschichte der Immobilienspekulation in Frankfurt zu der Zeit.

SPIEGEL ONLINE: Wo waren die Grenzen beim Übergang vom Fahnenschwenker zum Steinewerfer, zum Terroristen?

Hofmann: Die Grenzen waren fließend. Aber es gab natürlich Grenzen. In den Untergrund zu gehen, ist schon eine bewusstere Entscheidung, genährt von dem Bild eines repressiven, aggressiven Staates, den es zu bekämpfen gilt.


DPA
Der Außenminister und sein früherer Freund Klein
SPIEGEL ONLINE: Sie haben sich dann entschieden, dem Staat zu dienen und als Zielfahnder beim BKA den Terroristen Hans-Joachim Klein gesucht.
Hofmann: Ich glaube an das Gewaltmonopol des Staates. Das ist eine sinnvolle Einrichtung zur Befriedung der Gesellschaft. So abstoßende Morde wie an Schleyer und Buback haben bei vielen, auch Sympathisanten, Abscheu ausgelöst. Im Zusammenhang mit Klein haben wir damals natürlich auch Joschka Fischer überwacht und überprüft, aber nichts gefunden. Es gab keine Beweise dafür, dass er im Zusammenhang stand mit Terroranschlägen.

SPIEGEL ONLINE: Wie hat 68 mit all seinen Folgen die Gesellschaft verändert?

Hofmann: Wir haben viel gelernt über die Verhältnismäßigkeit von Mitteln. Die Bedeutung des Versammlungsrechts ist im Bewusstsein. Das Verhalten von Demonstranten und Polizisten hat sich gewandelt. Auch in den Medien hat sich einiges geändert: Kampagnen und Kampfpresse sind seltener geworden, politisch Interessierte nutzen heute eher Medien, um sich politisch einzumischen. Gewalt als Mittel, um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist seltener geworden.

Bedeutung des Gewaltmonopols

SPIEGEL ONLINE: Rechtsradikale sehen das anders: Ist Fischer ein gutes oder ein schlechtes Vorbild für Jugendliche?

Hofmann: Wenn Fischer heute was über die Bedeutung des Gewaltmonopols des Staates sagt, dann hat das mehr Gewicht, weil es in meinen Augen authentisch ist. Natürlich gilt deswegen nicht der Umkehrschluss: Ich müsste Gewalt ausprobieren, um sie später abzulehnen.

Ein Neonazi als Außenminister?

SPIEGEL ONLINE: Haben wir dann in 20 Jahren einen Ex-Neonazi als Außenminister?

Hofmann: Mein Kopf sagt: Ja, das muss möglich sein. Meine Gefühle heute sprechen dagegen. Dafür ist es im Moment zu heftig, was auf der rechtsextremen Seite los ist. Dieser Extremismus, seine Motive und vor allem die rechte Gewalt unterscheidet sich grundsätzlich von 68.

SPIEGEL ONLINE: Was können wir lernen über die Integration von Extremisten?

Hofmann: Es gibt auch eine Radikalität der Mitte. Wenn wir nur noch Mitte und keine Außen mehr haben, entsteht keine Reibung mehr. Eine solche Gesellschaft wäre nicht lebendig. Eine Gesellschaft im Wandel hat auch extreme Seiten. Wenn sie sich nicht mehr wandeln kann, hat sie keine Zukunft. Extreme kann man auch als Hinweis auf Mängel in Gesellschaften interpretieren. Eine lebendige Gesellschaft lernt damit umzugehen, sie braucht Impulse, sonst stirbt sie oder wird in sich radikal.

Mittwoch, 24. Juni 2009

Die Arbeit der Zielfahnder

Wie tickt der Täter Thomas Wolf?

Fragen von Theresa Schäfer, veröffentlicht am 29.05.2009 STUTTGARTER ZEITUNG


Thomas Wolf ist von Zielfahndern des Bundeskriminalamts dingfest gemacht worden. Was genau diese Beamten tun, erklärt Ulrich Heffner, der Sprecher des Landeskriminalamts Baden-Württemberg, im Gespräch mit Theresa Schäfer.

Herr Heffner, was machen Zielfahnder und wann werden sie eingesetzt?

Bei der Zielfahndung geht es nicht darum, Beweise für eine Straftat zu finden, sondern um die Ergreifung des Täters. Oft sind diese bereits verurteilt und auf der Flucht. Zielfahnder sollen sie dann aufspüren. Häufig fahnden sie nach Ausbrechern aus Justizvollzugsanstalten oder nach Tätern, die in der Vergangenheit gezeigt haben, dass sie gefährlich sind und bei denen davon auszugehen ist, dass sie wieder Gewalt anwenden. Manchmal handelt es sich aber auch um Straftäter wie Millionenbetrüger, die großen wirtschaftlichen Schaden verursacht haben.

Wie läuft eine Zielfahndung ab?

Das hängt davon ab, in welcher Phase sich die Ermittlungen befinden. Den Anfang macht ein sehr zeitaufwendiges Aktenstudium. Hier geht es darum, herauszufinden, wie der Täter tickt. Wie hat er sich in der Vergangenheit verhalten, welche Kontakte hat er gehabt? Die Zielfahnder beleuchten das Umfeld des Täters, um herauszufinden, wie er sich verhalten wird. So ergibt sich aus vielen Mosaiksteinchen ein Bild. Hilfreich sind auch Hinweise aus der Bevölkerung. Am Ende steht dann der Zugriff, oft auch mit Unterstützung von Spezialeinsatzkommandos.

Wie oft suchen Zielfahnder über Jahre nach einem Täter, wie jetzt bei Wolf?

Das kann man pauschal nicht beantworten, jeder Fall und jeder Täter unterscheiden sich. Es hängt von vielen Faktoren ab. Bei aller Professionalität gehört manchmal auch ein glückliches Händchen dazu, den Täter ins Netz zu bekommen.

Was passiert, wenn sich ein Täter ins Ausland absetzt?

Viele Länder haben mittlerweile Zielfahnder. Oft genügt ein Anruf, und die Kollegen vor Ort wissen, was zu tun ist und dass sie schnell handeln müssen. Die internationale Zusammenarbeit läuft sehr gut.

Wie hoch ist die Erfolgsquote?

Hoch. Im Land liegt sie bei über 95 Prozent.

Freitag, 3. April 2009

Jubiläum bei den Thüringer Zielfahnder

Erfurt (ddp-lth). Wer einmal ins Visier der Thüringer Zielfahnder gelangt sei, solle sich lieber freiwillig stellen. Diesen Rat gibt der Leiter der Spezialkommandos im Landeskriminalamt (LKA), Karl-Peter Schneider, all denen, die sich ihrer gerechten Strafe in Thüringen entziehen wollen. Für 381 Täter kommt dieser Rat zu spät, sie wurden von der vierköpfigen LKA-Einheit, die in diesem Jahr ihr 15-jähriges Bestehen feiert, bereits aufgespürt und festgenommen. Die Zielfahnder werden auf Antrag der Staatsanwaltschaft tätig, um flüchtende Täter oder identifizierte Tatverdächtige ausfindig zu machen, die zumeist wegen Betrug, Erpressung, Raub oder Drogendelikten gesucht werden. Diesen Artikel weiter lesen
Ähnliche Fotos/Videos Bild vergrößern «Früher oder später werden wir sie alle fangen», sagt Schneider. Es sei unmöglich, seine Wurzeln für immer zu kappen, ist sich der LKA-Beamte sicher. Aber nicht nur Heimweh nach jahrelanger Flucht, auch alte Gewohnheiten würden manchen Tätern zum Verhängnis, wie im Fall eines Betrügers, von dem die Fahnder wussten, dass er gerne am Main spazieren geht. Dort nahmen ihn die Beamten dann auch fest.

Für Innenminister Manfred Scherer (CDU) sind die 15 Jahre Thüringer Zielfahndung eine Erfolgsgeschichte. Das Sonderkommando des Landeskriminalamts sei aufgrund seiner Erfolge «bundesweit besonders anerkannt», sagt Scherer. Die Arbeit der vierköpfigen Einheit, der auch eine Beamtin angehört, bezeichnet der Minister als «sehr wichtig», da diese immer dann eingesetzt werde, wenn schwerwiegende Straftaten vorlägen oder von den Tätern eine besondere Gefahr ausgehe.

Zwischen einer Woche und einem Monat dauern die meisten Fahndungsmaßnahmen, in Einzelfällen können aber auch Jahre vergehen, bis ein flüchtiger Täter gefasst werden kann. Auch diese sogenannten «Altfälle» betreue man gewissenhaft, versichert Schneider. Die Spur «darf nicht kalt werden». Oft wisse man zwar, wo sich der Gesuchte befinde, ein Zugriff scheitere in manchen Ländern aber an bürokratischen oder rechtlichen Hürden.

Denn bei ihren Auslandseinsätzen müsse sich seine Truppe streng an das internationale Recht halten und dürfe nur dann tätig werden, «wenn das Zielland zuvor dem Rechtshilfegesuch zugestimmt hat«, betont Schneider. Zudem könnten die Zielfahnder nur ermitteln, «wenn ihre ausländischen Kollegen dabei sind». In Europa funktioniert die Kooperation mit den Behörden der jeweiligen Länder gut. In Spanien etwa, dem beliebtesten Zufluchtsort der Verbrecher, haben die Zielfahnder bisher insgesamt 24 Mal zugegriffen. Außerhalb Europas könne es aber schon mal komplizierter werden, fügt Schneider hinzu.

Spektakuläre Erfolge hat seine Einheit aber auch dort schon verbucht. Die Festnahme eines Mörders in den USA etwa, von Mitgliedern einer Betrügerbande, die über Nigeria nach Paraguay geflüchtet waren oder den Fall eines Bankräubers, den die Fahnder über Dubai bis nach Thailand verfolgt und schließlich festgenommen hatten.

Nachwuchssorgen für sein Einsatzkommando hat Schneider nicht. Trotz ständiger Bereitschaft ohne Rücksicht aufs Privatleben und einer hohen Belastung habe er «bei den Zielfahndern eine Warteschlange». Die meisten Fahnder waren vorher im Personenschutz oder in Sondereinsatzkommandos tätig. Eine wichtige Voraussetzung für den Job sei neben kriminalistischem Gespür und der Fähigkeit, sich in die Täter zu versetzen, auch eine gewisse Überlegtheit, betont Schneider. So könne es manchmal durchaus angebracht sein, die Zielperson nicht sofort festzunehmen, falls die Gefahr zu groß erscheint. Als Beispiel nennt Schneider einen Fall, in dem ein Zielfahnder den gesuchten Verbrecher in einer Kneipe aufgespürt, bis zum Eintreffen des Sondereinsatzkommandos und der sicheren Festnahme aber mit Bier und Anekdoten beschäftigt habe.

In diesem Jahr konnten die Fahnder bereits 27 Erfolgsfälle vermelden. Derzeit sind die vier LKA-Spezialisten fünf Tätern auf der Spur. «Bisher ist uns noch keiner entwischt», gibt sich Schneider auch für diese Fälle zuversichtlich.

Dienstag, 25. März 2008

FOCUS-07.02.2008

Kriminalhauptkommissar
Polizist mit langem Atem
Für Peter Müller ist Aufgeben keine Option. Der Kriminalhauptkommissar jagt flüchtige Verbrecher, wenn es sein muss, jahrzehntelang durch die ganze Welt.


Mitarbeiter des LKA denken sich in die Köpfe flüchtiger Verbrecher"Ausbrecher Axane durch Zielfahnder festgenommen“, verkündete das Landeskriminalamt (LKA) in Stuttgart am 12. November 2004. Am Vorabend hatten Beamte auf einer Straße in Hessen den rumänischen Schwerverbrecher Gheorghe Axane festgenommen. Unter ihnen war Peter Müller, der seinen wahren Namen aus Sicherheitsgründen nicht nennen will. Er leitet die Zielfahndung in Baden-Württemberg und hatte sich – oft rund um die Uhr und auch im Ausland – an Axanes Fersen geheftet, der im August 2004 aus dem Mannheimer Gefängnis ausgebrochen war. „Zielfahndung ist die gezielte intensive Suche nach identifizierten Tätern, die wegen schwerwiegender Straftaten und der Wahrscheinlichkeit weiterer Taten eine Bedrohung für die Allgemeinheit darstellen“, beschreibt der Kriminalhauptkommissar seinen Beruf. Oft wird sein Job mit dem eines Profilers verwechselt. Dieser erstellt Profile von unbekannten Tätern, wie dem „Phantom“ von Heilbronn. Ein Zielfahnder hingegen kommt zum Einsatz, wenn der Mörder bekannt, aber flüchtig ist, erläutert der 53-Jährige.

Ein NS-Verbrecher raubt ihm den Schlaf


Erfolge wie im Fall Axane kann Müller häufig verbuchen. Von den 83 Aufträgen der Polizeidienststellen an die Stuttgarter Zielfahnder seit 1996 sind nur sechs offen. „Statistisch schlägt das nicht zu Buche, das heißt aber nicht, dass unsere Fälle nicht extrem wichtig für das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung sind“, meint Müller. Doch es gibt auch Fälle, die ihn seit Jahren beschäftigen und ihm manchmal nachts den Schlaf rauben. Beim Namen Aribert Heim wird der ruhige Mann gesprächig. Heim ist einer der letzten flüchtigen mutmaßlichen Nazi-Verbrecher, der 1962 einen Tag vor seiner Festnahme entkommen konnte. Seit mehr als 40 Jahren ist der Österreicher, der sich zuletzt in Baden-Baden aufhielt, untergetaucht.

Heim steht auf der LKA-Fahndungsliste seit vier Jahren ganz oben: „Er war vermutlich mehr als ein Erfüllungsgehilfe des NS-Regimes, ein Arzt vom Kaliber eines Josef Mengele, der im KZ Mauthausen Hunderte von Menschen bestialisch getötet hat“, sagt Müller. Er hat Anhaltspunkte, dass der jetzt 93 Jahre alte Mann noch lebt. „Ich muss etwas tun, ein Stück weit Gerechtigkeit schaffen. Die Angehörigen der Opfer sollen wissen, dass uns das Leid ihrer Verwandten nicht egal ist“, erklärt der Zielfahnder. Er nimmt die Akte Heim täglich zur Hand, liest die schwer zu ertragenden Zeugenaussagen, sucht nach neuen, vielleicht übersehenen Details in den mehr als 40 Aktenordnern, versucht, sich in die Zielperson hineinzudenken. Fast täglich hat er E-Mail-Kontakt mit dem Nazi-Jäger Efraim Zuroff, dem Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem. „Ein Fall, für den sich jeder Einsatz und Aufwand lohnen“, betont Müller.

Aufatmen, wenn die Handschellen klicken

Am Ende einer erfolgreichen Fahndung klicken die HandschellenDie möglichst genaue Kenntnis des Gesuchten ist die Basis der Zielfahndung. In das „Personagramm“ fließen neben Personalien und Beschreibung des Äußeren auch Informationen über die Fähigkeiten, Vorlieben, Abneigungen, die Familienverhältnisse und den Beruf ein. „Von der Schuhgröße über die Zigarettenmarke bis hin zum Hobby sollte man die Person kennen“, erläutert Müller. „Dann nutzen wir den Handwerkskasten, den uns die Strafprozessordnung erlaubt, darunter Zeugenvernehmung, Telefonüberwachung, Observation und Durchsuchung.“Falscher Polizist legt Handschellen an
Der Vater von zwei Kindern behelligt seine Familie nicht mit den Einzelheiten seiner Arbeit. „Ich will den Druck, unter dem ich oft durch die Medien-Berichterstattung über prominente Fälle stehe, nicht weitergeben.“ Um von den Belastungen der Fahndung abzuschalten, hört der grau melierte schlanke Mann Rockmusik oder liest. Mindestens einmal pro Woche trainiert er, vor allem Selbstverteidigung. Auch regelmäßige Schießübungen stehen auf dem Programm.

Warten auf den Höhepunkt der Karriere

Mut sei für seinen Job nicht zwingend, sagt Müller bescheiden. Wenn er die Zielperson aufgespürt hat, alarmiert er Sondereinsatzkommandos, die den Verdächtigen festnehmen. „Wenn die Handschellen dann nach oft monatelanger Arbeit klicken, ist das eine unheimliche Erleichterung“, erzählt Müller. Geschähe dies eines Tages bei Aribert Heim, wäre das sicherlich der Höhepunkt seiner Karriere.

LKA-NRW-02.12.2002

Innenminister Behrens: Ganovenjagd rund um den Globus - Zielfahnder der NRW-Polizei haben bisher jeden geschnappt

Düsseldorf, 02.12.2002 Weltweit auf Ganovenjagd gehen die neun Zielfahnder der nordrhein-westfälischen Polizei. Die zentral beim Landeskriminalamt (LKA) eingerichtete Dienststelle ist dabei sehr erfolgreich. "Die Fahnder spüren die zum Teil international operierenden Kriminellen in ihren Verstecken auf. Vom Jagdfieber gepackt, lassen sie nicht mehr locker", sagte NRW-Innenminister Dr. Fritz Behrens heute (02.12.) in Düsseldorf. Bisher wurden alle 54 Täter dingfest gemacht, an deren Fersen sich die Zielfahnder geheftet hatten. Die Festnahmequote beträgt 100 Prozent. Zielfahnder geben niemals auf. Ihr Motto lautet: "Früher oder später kriegen wir alle."

Derzeit jagen die Zielfahnder 11 flüchtige Straftäter. Deren Aussichten zu entkommen sind denkbar schlecht. Sie müssen damit rechnen, früher oder später geschnappt zu werden."Unsere Spezialisten vom LKA legen keinen Fall ungelöst zu den Akten", unterstrich der Minister. "Kein noch so weit entferntes Versteck ist vor den Polizeifahndern sicher genug." Selbst in Südamerika, Asien und Südafrika lassen die NRW-Fahnder die Handschellen klicken. 30 Kriminelle wurden im Ausland aufgespürt. Vier Täter warten in spanischen und italienischen Haftanstalten, einer in Mexiko, auf die Auslieferung nach Nordrhein-Westfalen.

Bei der internationalen Fahndung helfen den Kriminalbeamten über viele Jahre gewachsene persönliche Kontakte zu den ausländischen Polizeidienststellen. Zusätzlich unterstützt die Zielfahndungsstelle beim Bundeskriminalamt. Bisweilen sind die Fluchtwege der Kriminellen kürzer als erwartet. So mancher Täter wurde nicht erst am anderen Ende der Welt entdeckt. "Festnahmen gibt es auch im Ruhrpott, quasi um die Ecke", so der Innenminister. Besonders gefährliche Gewalttäter ergreifen die Spezialeinheiten der Polizei.

Viel Geduld, kriminalistisches Gespür und langjährige berufliche Erfahrung zeichnen die Experten des Zentralen Zielfahndungskommandos in Düsseldorf aus. Die Ermittlungen beginnen in allen Fällen am Schreibtisch. "Die Polizisten machen sich mit dem Gesuchten vertraut. Sie werten alle Informationsquellen aus, studieren die Ermittlungsakten, loten logistische Kontakte aus, ermitteln bei Melde- und Einwanderungsbehörden" erläuterte Behrens. Das gesamte soziale Umfeld der Zielperson wird durchforstet. "Manchmal geben bereits Hobbys Hinweise auf den Aufenthaltsort", sagte der Minister. Geprüft werden zudem körperliche Auffälligkeiten, persönliche Fähigkeiten und außergewöhnliche Kenntnisse oder Eigenarten des Täters.

Die gesammelten Details fügen die Kriminalisten wie bei einem Puzzle zusammen. "So entsteht ein umfassendes Bild des gesuchten Straftäters", erklärte Behrens. Dennoch können Jahre vergehen, bis ein Fall erfolgreich abgeschlossen werden kann. "Zielfahnder brauchen einen langen Atem, dürfen ihr Ziel nie aus den Augen verlieren und müssen sich bei Rückschlägen immer wieder neu motivieren", sagte Behrens abschließend.

Anlage

Fallbeispiele

Drogenring zerschlagen - Flüchtiger Täter in Malaga aufgespürt

Zwei ein halb Jahre nach seiner Flucht vom Niederrhein konnte der 47 Jahre alte Franz P. vor wenigen Tagen in Malaga festgenommen werden. Die nordrhein-westfälischen Zielfahnder hatten ihn dort ausfindig gemacht und ihren spanischen Kollegen den entscheidenden Tipp gegeben. P. steht unter dem Verdacht ein führendes Mitglied eines international agierenden Drogenrings zu sein. Mit der Festnahme von Franz P. hat die Polizei den letzten Täter aus dem "Führungstrio" einer nordrhein-westfälischen Rauschgiftbande zur Strecke gebracht.

Der erste Täter, Frank E., konnte bereits im Oktober 2000 in Spanien festgenommen werden. Ende 2001 wurden beide ausgeliefert. Täter "Nummer zwei", Thomas S., wurde im April 2002 ebenfalls Spanien dingfest gemacht. Er steht kurz vor seiner Auslieferung.

Mit der Festnahme der drei Haupttäter ist eine Bande von Rauschgifthändlern zerschlagen worden, denen die Duisburger Polizei auf der Spur war. Eine Spedition in Neukirchen-Vluyn diente als Tarnung für den Drogenhandel. Dort entdeckten die Polizisten im Mai 2000 bei einer Durchsuchung 95 kg Haschisch. Der Bande konnte ein seit Jahren schwunghafter Handel mit mehreren Tonnen Rauschgift nachgewiesen werden. In umgebauten Tiertransportern hatten sie die Drogen auf der Route Spanien/Niederlande/Deutschland geschmuggelt. Von hier verteilten sie die Drogen in viele Länder Europas.

Franz P. war Mitinhaber der Spedition und auch selbst als Drogenkurier bundesweit unterwegs. Auf ihn wartet nun der Haftrichter. Gegen insgesamt 13 Mitglieder seiner Drogenbande wurden bereits Freiheitsstrafen von 2 1/2 bis 9 1/2 Jahren verhängt.

Schwerkrimineller in Polen festgenommen

Der 27-jährige Norbert W. stand unter dem Verdacht, als Mitglied einer polnischen Bande an mindestens fünf bewaffneten Raubüberfällen und zahlreichen Schutzgelderpressungen im Ruhrgebiet beteiligt gewesen zu sein. Mittäter, die in den Jahren 2000 und 2001 bereits festgenommen werden konnten, wurden zu Haftstrafen von fünf bis 14 Jahren verurteilt.

Bei ihren knapp einjährigen Ermittlungen entdeckten die Zielfahnder ein kriminelles Netzwerk mit Schwerpunkten Ruhrgebiet, Köln und Berlin. Auch Kontakte nach Polen und Südeuropa wurden festgestellt. Die Arbeit der NRW-Polizisten brachte auch den Berliner Kollegen Erfolg: Dort konnten zwei Berufseinbrecher identifiziert und festgenommen werden. Darüber hinaus führten die Recherchen in der Hauptstadt zur Festnahme von zwei Angehörigen einer weiteren polnischen Tätergruppe. Sie hatte sich auf den Diebstahl und die illegale Verschiebung hochwertiger Fahrzeuge von Spanien über Deutschland in ihr Heimatland spezialisiert. Schließlich gab es für Norbert P. kein Entrinnen mehr. In enger Zusammenarbeit mit der polnischen und spanischen Polizei wurde Norbert W. festgenommen. Bei einer gemeinsamen Aktion von Zielfahndern des NRW-Landeskriminalamtes und spanischen Polizisten klickten im November 2002 auf der iberischen Halbinsel die Handschellen.

Zielfahnder auf der Fährte eines gefährlichen Bankräubers

Der Jugoslawe Sead I. hatte nach Erkenntnissen der örtlichen Polizei mit anderen Mittätern seit Februar 2001 im Sauerland mehrere bewaffnete Raubüberfälle in Geldinstituten begangen. Dabei hatte er rund 350 000 Euro erbeutet.

Als die Zielfahndung den Fall übernahm, verübte der Gesuchte in Baden-Württemberg einen weiteren Banküberfall. Die Spezialisten vom LKA stellten schnell fest, dass sich Sead I. konspirativ unter rund 100 kriminellen Landsleuten bewegte, die über die gesamte Bundesrepublik verstreut waren.

Bei den Ermittlungen musste die Arbeit von zwei Staatsanwaltschaften und fünf Polizeibehörden koordiniert werden. Bei ihren Recherchen stießen die Fahnder auf verschiedene Täter, die zwar mit den Banküberfällen nichts zu tun hatten, aber wegen anderer Delikte gesucht wurden. Dabei kamen die Zielfahnder Sead I. immer ein Stück näher. Schließlich konnte er aufgespürt werden. Bei der Vorbereitung eines weiteren Raubüberfalls im Sauerland nahmen Spezialeinsatzkräfte der NRW-Polizei den gefährlichen Kriminellen und zwei seiner Mittäter fest. Sead I. wurde zu 10 1/2 Jahren Haft verurteilt.

Mord unter Kurden - Täter in der Schweiz festgenommen

Sechs Monate nach dem Mord an einem kurdischen Landsmann wurde ein Angehöriger der verbotenen PKK festgenommen. Seine Spur hatte die Zielfahnder in die Schweiz geführt. In Zürich konnte der 25-Jährige Anfang September 2002 aufgrund der Hinweise aus Düsseldorf von der örtlichen Gendarmerie dingfest gemacht werden.

Im Februar 2002 hatte der Gesuchte auf der A 3 im Bereich Leverkusen einen Kurden (37) erschossen. Die Ermittlungsbehörden gingen von einem Auftragsmord der PKK aus. Der Tatverdacht richtete sich gegen einen Kurden, der aktiver Kämpfer der PKK in der Türkei war und derzeit als ranghohes Mitglied der PKK in Deutschland bekannt war. Bis zur Übernahme durch die Zielfahnder im April 2002 gab es keine verwertbaren Spuren. Nach Studium der Akten konzentrierten sich die Fahnder beim LKA auf das familiäre Umfeld des flüchtigen Täters. Die internationalen Verflechtungen der Kurden stellten ein großes Problem beim Erstellen eines Fahndungskonzeptes dar. Die Spuren verdichteten sich schließlich auf Frankreich und die Schweiz.

"Millionen-Manni" - Fünfjährige Flucht endete in Brasilien

Im August 1995 entwendete der nordrhein-westfälische Polizeibeamte Manfred K. aus einem Geldtransporter 3,5 Millionen DM. K. versah vor der Tat Dienst bei der Autobahnpolizei Mönchengladbach. Beim Unternehmen Protectas übte er eine nicht genehmigte Arbeit als Fahrer aus. Die Anlieferung bei einem Düsseldorfer Kaufhaus nutzte er zum Diebstahl der Millionen.

Im Rahmen der fast fünfjährigen Fahndung untersuchten die Zielfahnder Hinweise und Spuren in den Niederlanden, in Monaco, Südafrika, Brasilien, Frankreich, Uruguay, Argentinien, Venezuela, Griechenland, auf den Malediven und den Philippinen. Obwohl sich K. stark verändert hatte, wurde er von einem nordrhein-westfälischen Zielfahnder bei einer Fahndungsausschreibung erkannt. Ein gefälschter Pass wurde dem Gesuchten zum Verhängnis. Die NRW-Zielfahnder informierten ihre brasilianischen Kollegen, die K. im Juni 2000 in Salvador de Bahia festnahmen. Gerade noch rechtzeitig, denn der Millionen-Diebstahl wäre wenige Wochen später verjährt. Im März 2002 lieferte Brasilien Manfred K. an Deutschland aus. Im Juli 2002 wurde er zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

LKA-Rheinland-Pfalz-23.08.2006

„Zielfahndung hat sich mehr als bewährt“

Mainz, 23.08.06. (red) Innenminister Karl Peter Bruch bilanzierte heute in Mainz zehn Jahre Zielfahndung beim Landeskriminalamt Rheinland-Pfalz. „Die Zielfahndung hat sich als außerordentlich effektiv erwiesen und mehr als bewährt. Die erfolgreiche Arbeit der Zielfahnder hat mittlerweile zu 121 Festnahmen in der ganzen Welt geführt. Hinzu kommt die für andere Zielfahndungskommandos aus dem In- und Ausland geleistete Unterstützung. Das verdient meine höchste Anerkennung“, so Bruch.

Bereits in den ersten Jahren nach der Einrichtung des Sachgebietes „Zielfahndung“ sei Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Erfolgsquote im Bundesvergleich jeweils im oberen Bereich vorzufinden gewesen. Die Zahl der positiv abgeschlossenen Zielfahndungen habe sich in den folgenden Jahren jeweils zwischen zehn und zwölf Festnahmen bewegt. Dabei seien oftmals Ermittlungen und operative Maßnahmen im Ausland notwendig gewesen. Die Zielfahndung konnte das hohe Niveau nicht nur halten, sondern in den letzten beiden Jahren sogar noch steigern, obwohl die meisten Gesuchten im Ausland aufgespürt wurden, so Bruch weiter. Dass Straftäter auf ihrer Flucht das Land verlassen, ist nicht ungewöhnlich. Insbesondere bei der Organisierten Kriminalität haben die Täter in nahezu 90 Prozent der Verfahren Verbindungen ins Ausland. Diese Kontakte würden natürlich auch bei der Flucht vor der Polizei genutzt.

Die geringe Personalfluktuation bei der Zielfahndungsstelle des LKA habe die Grundlage für den Aufbau langjährigen Erfahrungswissens geschaffen. Dies sei maßgebliche Voraussetzung für die hervorragenden Ergebnisse in diesem speziellen Bereich gewesen. „Mit der Zielfahndung wollen wir besonders gefährliche Straftäter oder auch Straftäter, die der Gesellschaft einen hohen Schaden zugefügt haben, dingfest machen. Die hohe Erfolgsquote unserer Zielfahnder signalisiert den Straftätern, dass sie sich nicht sicher fühlen können, wo auch immer sie sich auf der Welt verbergen wollen. Sie werden ermittelt, festgenommen und der Strafverfolgung oder der Strafverbüßung zugeführt. Dies entfaltet zweifellos auch präventive Wirkung“, so Bruch.

Zum Hintergrund
Zielfahndung ist die gezielte Suche nach Personen, die zur Festnahme ausgeschrieben sind, aus dem Strafvollzug geflüchtet sind und noch erhebliche Restfreiheitsstrafen bzw. Anschlussstrafen zu verbüßen haben sowie nach Straftätern, die zur Festnahme ausgeschrieben sind, auch unter Einsatz operativer Maßnahmen. Sie unterscheidet sich insoweit von der allgemeinen Fahndung, die sich regelmäßig auf die Ausschreibung in Fahndungssystemen beschränkt.

Zielfahndungen erfolgten bis 1996 in Rheinland-Pfalz nur nach spektakulären Ausbrüchen aus Justizvollzugsanstalten, aus psychiatrischen Anstalten oder bei Straftaten, die die Öffentlichkeit besonders verunsicherten. Allerdings gibt es Fälle und Kriminalitätsbereiche, in denen die „routinemäßige Fahndung“ nicht ausreicht bzw. zu nicht befriedigenden Ergebnissen führt. Dies gilt insbesondere auch für den Bereich der Organisierten Kriminalität.

Vor diesem Hintergrund richtete das Landeskriminalamt 1996 beim Mobilen Einsatzkommando (MEK) das Sachgebiet „Zielfahndung“ ein. Die organisatorische Verbindung mit dem MEK trägt den Anforderungen an flexiblen Personaleinsatz und die technische Ausstattung in besonderer Weise Rechnung. Neben den rein büromäßigen Ermittlungen ermöglicht dies zielgerichtete Observationen und ressourcenschonenden Einsatz der Technik, der zugleich auch die notwendige Beweisqualität sicherstellt.

Es liegt nahe, dass schon aus personellen Gründen die Aufnahme der gezielten Suche nach einer Person von verschiedenen Kriterien abhängt, z. B. der Schwere des Deliktes, der Intensität der kriminellen Energie, der Höhe der zu verbüßenden Strafe, der Gefährlichkeit der Zielperson sowie vom Vorliegen eines internationalen Haftbefehls. Zielfahndungsmaßnahmen können von Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und nach Rechtshilfeersuchen auch von ausländischen Behörden beantragt werden.

Quelle: Ministerium des Innern und für Sport

FOCUS-09.10.06

Zielfahnder
Verbrecherjagd rund um den Erdball
Sie spüren Millionenbetrüger in Brasilien und Drogendealer in Sibirien auf. Die Zielfahnder des Hessischen Landeskriminalamtes machen Verbrecher dingfest.



Trotz häufiger Auslandsreisen und spektakulärer Festnahmen mit Spezialkräften hat der Job der Spezialisten kaum etwas mit Kino-Glamour zu tun. „Jeder Fall beginnt mit ausgiebigem Aktenstudium“, berichtet der Leiter der Einheit, der seinen Namen nicht in den Medien lesen will. Die kleine Truppe im Landeskriminalamt (LKA) erstellt von jeder Zielperson ein Persönlichkeitsbild, in dem noch die kleinsten Informationen dem Flüchtigen zum Verhängnis werden können. Dabei gibt es nichts, was die Fahnder nicht interessieren würde: Frühere Urlaubsorte, Zigarettenmarke, Bezugspersonen, persönliche Marotten wie Spielsucht oder auch die Anhängerschaft zu einem bestimmten Fußball-Club können Ansatzpunkte sein.
„Wir wollen keine Feuerwehrfälle und keine wackligen Dinger“, sagen die Polizisten, die wenig Lust verspüren, viel Arbeit in einen Fall zu investieren, der sich später vor Gericht in Wohlgefallen auflöst. Schon aus diesem Grund jagen sie ausschließlich Hochkaräter, gegen die auf solider Beweisgrundlage ein Haftbefehl ausgeschrieben ist und die langjährige Haftstrafen erwarten müssen. „Entscheidend ist, dass unsere Leute über Jahre hinweg an ihren Fällen dran bleiben können“, sagt LKA-Sprecherin Gabriele Göbel.

Nahezu frei vom Druck ständig neuer Fälle machen die LKA-Männer nichts anderes als ihre Fahndungskollegen in den Polizeipräsidien – nur sehr viel intensiver. Eine wichtige Rolle spielen dabei Telefonüberwachungen, natürlich im Rahmen der Strafprozessordnung. „Wir müssen dem Richter schon plausibel machen, was ein bestimmter Telefonanschluss mit dem Gesuchten zu tun haben soll.“ Umstritten sind bis heute die Methoden von Zielfahndern des Bundeskriminalamtes (BKA), die in den Fällen des Baulöwen Jürgen Schneider und des Linksterroristen Hans-Joachim Klein die Telefone von Journalisten angezapft und damit die Pressefreiheit missachtet hatten.

Die Phantasie der Mörder

Ihre Erfolgsquote beziffern die hessischen Fahnder auf 98,5 Prozent, was im Klartext heißt, dass ihnen in den vergangenen Jahren nur ein Täter entwischt ist. „Das wurmt uns schon, zumal seine Taten jetzt verjährt sind“, brummt einer der Polizisten. Lieber sind ihm Mörder, deren Tat nie verjährt oder auch Betrüger: „Die sind am fantasievollsten.“ Dass sie trotz ihrer Cleverness im Netz der Fahnder hängen bleiben, verdanken sie meist der eigenen schillernden Persönlichkeit. Ein in Gießen gesuchter und später in Brasilien geschnappter Millionenbetrüger hatte auf einer seiner Fluchtstationen in der Dominikanischen Republik sogar ein großkotziges TV-Interview gegeben. Als er sich danach nach Kanada absetzte, hatte er die LKA-Spürhunde auf den Fersen. „Er fühlte sich halt viel zu sicher.“

Teamwork mit der Dorfpolizei

Ermittlungsziel ist es für die Experten, „vor das Geschehen zu kommen“, wie der Chef formuliert. Sobald abzusehen ist, wie sich der Gesuchte verhalten wird, schlagen die Zielfahnder gemeinsam mit der örtlichen Polizei zu. „Wir wollen möglichst dabei sein. Dann gehen viele bürokratische Sachen schneller und es passiert uns nicht, dass ein ungeschickter Dorfpolizist in letzter Minute alles verdirbt.“ Im Inland, wo nahezu die Hälfte der Gesuchten aufgespürt wird, sind meist Spezialkommandos der Polizei bei den Festnahmen dabei.

Schnell, unbürokratisch, herausragend


Mit Unterstützung des für die internationalen Polizeibeziehungen zuständigen BKA haben die Hessen zudem schon Pionierarbeit geleistet. Ihre letztlich erfolgreiche Hatz eines Heroindealers von Sibirien nach Moskau im Jahr 2001 diente Putin und Schröder als Beispiel herausragender Polizeiarbeit – ein Extra-Lob von Innenminister Volker Bouffier (CDU) folgte. Auch auf dem Balkan und in ganz Osteuropa kooperierten die Polizeibehörden schnell und unbürokratisch, berichtet der Cheffahnder. „Die wollen den Westeuropäern beweisen, dass sie es auch können. Das nehmen wir gerne entgegen.“ mai/dpa
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